Besuch der alten Dame – Pfarrer Szene – Interpretation



In diesem Artikel zum Drama Besuch der alten Dame findet ihr eine Szenenanalyse des Gesprächs zwischen dem Pfarrer und Alfred Ill. Dieser Aufsatz wurde während einer Klausur geschrieben. Die Interpretation dieses Textausschnittes sollte euch im Bezug aufs Abitur helfen, da der Besuch der alten Dame Sternchenthema in Baden-Württemberg ab dem Jahre 2011 ist.

Der Artikel gliedert sich in 2 Teile.

1. Geben Sie das Wesentliche aus der vorausgehenden Handlung wieder, das zum Verständnis des vorgelegten Textauszuges notwendig ist.

Die tragische Komödie „Der Besuch der alten Dame“ hat Friedrich Dürrenmatt 1955 geschrieben und sie ist am 29. Januar 1956 in Zürich uraufgeführt worden. Das Drama handelt von der Tatsache, dass man sich durch Geld Gerechtigkeit kaufen kann.

Die Handlung spielt im Ort Güllen, der heruntergekommen und wirtschaftlich am Ende ist. Daher hoffen die Güllener, dass sie von ihrer ehemaligen Bürgerin Claire Zachanassian, die mittlerweise Milliardärin geworden ist, eine Geldspende zu erhalten. Als Hoffnungsträger sehen die Bürger ihren ehemaligen Geliebten Alfred Ill. Beim Wiedersehen mit Ill besuchen Claire und Alfred ihren alten Lieblingsort, den Konradsweilerwald. In dieser Szene erfährt man, dass Claire von Ill schwanger gewesen ist und Ill damals Zeugen bestochen hat, die aussagten auch mit Claire geschlafen zu haben. Am Ende des Gesprächs verspricht Claire eine Geldspende für den Ort Güllen und Alfred glaubt, dass sie ihm verziehen hat.
Danach findet im Wirtshaus „Apostel“ die Begrüßungsfeier statt. Dort informiert Claire die Bürger über die Geschehnisse mit Ill vor 45 Jahren. Aus Rache bietet Zachanassian den Bürgern nun eine Milliarde an, wenn sie dafür Ill töten. Der Bürgermeister lehnt dieses Angebot sofort im Namen der Menschlichkeit ab. Allerdings lassen die Bürger in Ills Geschäft immer mehr Waren anschreiben. Daher merkt Ill, dass sie nun doch vorhaben auf Claires Angebot einzugehen und er sucht Hilfe bei der Polizei. Der Polizist nimmt Alfred allerding nicht ernst, da ihm die gebotene Summe zu hoch erscheint. Am Ende des Gespräches erkennt Alfred jedoch, dass auch dieser sich teure Dinge geleiset hat. Gleichzeitig ist der schwarze Panther von Claire entlaufen und die Bürger jagen ihn. Ill sucht danach den Bürgermeister auf, der sich nicht zuständig fühlt und die Schuld auf Ill selbst überträgt. Auch er hat sich wertvolle Dinge gekauft und plant sogar ein neues Stadthaus zu bauen. Zum Schluss sucht er verzweifelt Hilfe beim Pfarrer.

2. Nehmen Sie eine vollständige Szenenanalyse vor.

In diesem Auszug aus dem 2. Akt bittet Alfred Ill den Pfarrer um Hilfe. Dabei versucht der Pfarrer Ill mit religiösen Gründen zu überzeugen, dass er nicht in Gefahr ist. Als Ill jedoch eine neue Glocke läuten hört, weiß er, dass auch der Pfarrer mit einen Anteil aus der Belohnung rechnet. Dieser gibt es am Ende zu und fordert Ill zur Flucht auf.

Am Anfang der Szene tritt der Pfarrer aus dem Dunkel der Kirche heraus und hat wie auch die anderen Personen ein Gewehr dabei. Dies ist relativ ungewöhnlich für einen Pfarrer und wirkt auf Ill beängstigend. Als Grund gibt der Pfarrer den entlaufenen Panther an. Den schwarzen Panther, der ausgerissen und gejagt wird kann man mit Ill vergleichen, da auch er Angst hat und befürchtet, dass der ganze Ort ihn verfolgen wird. Auch wurde er von Claire in seiner Jugendzeit „schwarzer Panther“ (S.26, Z. 5-6) genannt. Auffällig ist ferner, dass der schwarze Panther an den ehemaligen Lieblingsorten von Claire und Ill gesehen worden ist. Alfred wendet sich in letzter Instanz an den Pfarrer, da dieser ein Vertreter für die Religion und den Glauben ist. Der Pfarrer tritt daher nicht als Individium auf, da er im Drama keinen eigenen Namen hat. Er empfängt Ill offenherzig (vgl. Z 6) und bietet ihm Hilfe an (vgl. Z.10). Als Ill jedoch sagt, dass er sich fürchtet (vgl. Z. 18), hat der Pfarrer kein Verständnis hierfür und erwidert, dass er lieber Gott fürchten solle (vgl. Z. 23-24). Dabei erwähnt Ill auch, dass er sich wie ein wildes, gejagtes Tier fühlt (vgl. Z. 2.2), was eine Andeutung auf die parallele Jagd des Panthers ist. Währendessen erscheinen auf der Bühne die gesamte Bürgerschaft, die alle bewaffnet sind (vgl. 28). Dies verstärkt Ills Empfinden, in Gefahr zu sein. Anstatt auf Ills Ängste Bezug zu nehmen, redet der Pfarrer mit religiösen Floskeln von Gewissen, Sünde, Hilfe und ewiges Leben (vgl. Z. 30-40). Die Sätze des Pfarrers bestehen dabei meist aus Ellipsen. Diese unvollständigen Sätze zeigen, dass der Pfarrer nicht weiß, was er Ill sagen soll und daher nur in kurzen Sätzen antwortet. Ills Ängste deutet er als gerechte Strafe für sein Verhalten gegenüber Claire. Er beschuldigt Ill, dass er von seinem Verhalten vor 45 Jahren gleich auf den Verrat der Güllener an ihm schließt. Dadurch will der Pfarrer Ill davon überzeugen, dass es keinen Grund zum Fürchten gibt. Dies begründet er ausführlich mit Floskeln. Der Auspruch „Kümmern Sie sich nicht daraum“ (Z. 50) und „Kümmern Sie sich um die Unsterblichkeit Ihrer Seele“ (Z. 52) zeigt, dass er kein Verständnis für Ill hat und ihn auch nicht ernst nimmt. Ebenfalls lenkt er von Ills Angst ab und geht nicht auf seine Befürchtung „Auf Kredit“ (Z. 51) ein, obwohl alle Güllener Bürger auf Kredit konsumiert haben. Im weiteren Verlauf empfielt der Pfarrer Ill soll Reue zeigen (vgl. Z. 63). Damit will er andeuten, dass Ill für seine derzeitige Situation selbst durch sein Verhalten in der Vergangenheit verantwortlich ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist auffällig, dass der Pfarrer nichts leugnet, sondern mit theologischen Phrasen ablenkt. Im Vergleich hierzu sind auch noch die anderen aufgesuchten Personen, wie der Bürgermeister und auch der Polizist, zu erwähnen, die selbst bei offensichtlichen Dingen gelogen haben. Der Wendepunkt des Gesprächs stellt das Läuten der zweiten Glocke dar. Dies entlarvt den Pfarrer, denn auch dieser hat sich dem Konsum unterworfen. Aufs Ills Feststellung sagt der Pfarrer ihm die Wahrheit und leugnet nichts mehr. Er ist der Erste, der den Verrat offen ausspricht. Als Grund für das Vorgehen der Anderen und von ihm nennt er die menschliche Schwäche, die auch ihn zur Korruptheit geführt hat. Da der Pfarrer für den späteren Tod von Ill nicht verantwortlich sein will, fordert er ihn auf zu fliehen (vgl. Z. 77-80). Durch die Aufforderung zur Flucht überträgt er die Verantwortung für eine evtl. Tötung auf Ill selbst, falls er die Möglichkeit hierzu nicht nutzt. Am Ende des Gespräches fallen noch zwei Schüsse (vgl. Z. 81). Wahrscheinlich galten diese dem entflohenen Panther. Das Herabsinken von Ill beim Hören der Schüsse deutet voraus, dass er in naher Zukunft das gleiche Schicksal wie der Panther erleiden wird.
Im Drama insgesamt ist die Szene mit dem Pfarrer sehr wichtig, da Ill bei seinem dritten Hilfegesuch zum ersten Mal die Wahrheit erfährt. Er hat hierbei erkannt, dass alle Bürger der Stadt dem Angebot der alten Dame nicht widerstehen können und sich kollektiv als Instrument von Claire verhalten. Für die Zuschauer ist an dieser Szene vermutlich befremdlich, wie ein Pfarrer, der eine Verantwortung gegenüber seinen Gläubigen hat, sein Amt missbraucht und Ill keine Unterstützung in seiner Not gibt. Dies führt dazu, dass Ill nochmals versucht Claire dazu zu bringen, die Bürger der Stadt umzustimmen. Weiterhin versucht er dann nach der Empfehlung des Pfarrers zu fliehen. Letztendlich ist Ill jedoch dennoch dem Tod ausgeliefert.

Viel Spaß mit der Interpretation zum Drama der Besuch der alten Dame



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